Was ihr vielleicht noch wissen wollt über ...

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Geisterschiffe

Von Zeit zu Zeit geht in Port die Angst um, dass sich ein Geisterschiff der Stadt nähere. Meist ist die Angst unbegründet, doch zumindest einmal war sie es nicht.

Ein Geisterschiff ist ein richtiges Schiff, das von den Geistern aller Besatzungsmitglieder, Passagiere und Tiere (sogar Seevögel) bevölkert wird, die sich in dem Moment, als es zum Geisterschiff wurde, an Bord aufhielten. Niemand weiß, ob diese Geister begreifen, was mit ihnen geschehen ist, denn sie scheinen ihr gewohntes Leben weiterzuführen und segeln mit dem Schiff ziellos über die Ozeane. Es kommt nur ganz selten vor, dass ein Geisterschiff tatsächlich einen Hafen anläuft, doch es gibt einen glaubwürdigen Bericht, wonach ein solches Schiff vor ungefähr fünfzig Jahren während eines Schneesturms mitten in der Nacht in Port anlegte und bei Sonnenaufgang wieder in See stach.

Ein Schiff kann auf zweierlei Weise zum Geisterschiff werden: Es kann bei Dunkelmond vor einer der sogenannten Geisterinseln vor Anker gehen. Bei Sonnenaufgang hat es sich in ein Geisterschiff gewandelt – und alle an Bord sind Geister geworden.

Oder es kann auf hoher See einem Geisterschiff begegnen. Das Geisterschiff erweckt den Eindruck, es sei in Seenot oder manövrierunfähig. Das lebende Schiff geht längsseits und bietet ihm seine Hilfe an, und sobald es das Geisterschiff berührt, wechselt es – und alle an Bord – ins Geisterdasein.

Es gibt Fälle von trauernden Angehörigen, die ein Schiff gemietet haben, um ihre zu Geistern gewordenen Lieben noch einmal zu sehen und den Versuch zu unternehmen, mit ihnen in Kontakt zu treten. Natürlich ist es sehr schwierig, dafür ein Schiff zu bekommen, denn Kapitäne sind ein abergläubisches Völkchen. Seit dem Zwischenfall mit der Idora, einem Fischerboot, das genau zu diesem Zweck gemietet wurde, wird kein Skipper in Port mehr einen solchen Auftrag annehmen. Die Idora fand das Geisterschiff, das sie suchte, tatsächlich, wurde aber vom Wind an seine Seite getrieben und selber zum Geisterschiff.

Beetles Onkel, damals ein vierzehnjähriger Junge, soll in jener verschneiten Nacht in Port an Bord des Geisterschiffes gelockt worden sein, was seine Mutter jedoch viele Jahre lang nicht glauben wollte. Im hohen Alter mietete sie schließlich ein Schiff, um ihren Sohn zu suchen, und kehrte niemals zurück. Die Familie glaubt bis heute, dass sie das Geisterschiff ihres Sohnes gefunden hat und an Bord gesprungen ist.

Tertius Fume

Tertius Fume hatte zu seinen Lebzeiten die Armee eines besonders ekelhaften Herrschers befehligt, dessen kleines unbedeutendes Fürstentum an die Endlose Wüste grenzte. Der Herrscher träumte davon, ein erheblich größeres Gebiet sein eigen zu nennen, und machte sich daran, Nachbarländer zu erobern. Er hatte damit wenig Erfolg, bis er einen jungen Söldner namens Tertius Fume in seine Dienste nahm. Tertius Fume hatte nach einer unerquicklichen Affäre, die unter dem Namen »der Große Verrat« bekannt wurde, aus seiner Heimat fliehen müssen und war froh, noch einmal von vorn anfangen zu können. Er war ein charismatischer junger Mann, dessen Lügenmärchen die Menschen glauben wollten – und es sehr oft auch taten. Der Herrscher übertrug ihm den Oberbefehl über seine gesamte Armee (was nicht so eindrucksvoll war, wie es sich anhört), und seine Behauptung, er sei in seinem Heimatland der jüngste General gewesen, wurde auf die Probe gestellt. Seine bescheidenen Erfolge verdankte er einer Mischung aus Glück, Skrupellosigkeit und der Tatsache, dass allen seinen Gegnern mysteriöse und unliebsame »Unfälle« zustießen. In jenen Jahren traf er auch auf seinen ersten Zug Dschinn-Krieger, mit dessen Hilfe es ihm gelang, vier benachbarte Festungen zu erobern, wobei er jedes Mal die feindlichen Mauern untertunnelte oder bereits vorhandene Tunnel benutzte. Nicht von ungefähr wurde er unter dem Namen Nachtschleicher bekannt. Ein Skandal zwang ihn, überstürzt seinen Posten zu räumen, und einige Jahre später kam er in die Burg.

Die Lucy Gringe

Lucy ist sehr stolz darauf, dass heute ein Fischerboot mit roten Segeln nach ihr benannt ist. Am letzten Abend auf der Insel hatte Jakey versucht, seinen ganzen Mut zusammenzunehmen und Lucy etwas zu fragen, aber er hatte Angst, sie könnte ihn auslachen und einen Fischkopf nennen. Hätte ihm Beetle nicht einen Becher Fruchtblubber angeboten, wäre es möglicherweise nie dazu gekommen.

Fruchtblubber war das erstaunlichste Getränk, das Jakey jemals gekostet hatte, und es brachte ihn auf eine Idee. Den Becher in der Hand, ging er zu Lucy, die am Ufer stand und an Simon Heap dachte. Ganz in der Nähe wurde gerade die Plünderer ins seichte Wasser gezogen und mit ihrem Anker am Strand festgemacht. Jakey holte tief Luft, nahm all seinen Mut zusammen – mehr, als er seit sehr langer Zeit gebraucht hatte – und hielt die längste Rede seines Lebens.

»Lucy, ich weiß, dass Sie nicht mit mir auf mein Boot kommen werden, sosehr ich es mir auch wünschen würde, und so will ich es wenigstens nach Ihnen benennen. Es ist jetzt mein Boot, und ich kann es nennen, wie ich will. Sie müssen es nur mit diesem Blubberwasser begießen und sagen: ›Ich taufe dieses Schiff auf den Namen Lucy Gringe‹ – einverstanden?«

»Oh, Jakey.« Lucy war sprachlos.

»Wahrscheinlich werde ich es nur Lucy nennen«, sagte Jakey. »Lucy ist ein schöner Name.«

Skipper Fry und die Crowes

Als Milo und seine Besatzung bis an die Zähne bewaffnet auf die Cerys zurückkehrten, waren Skipper und die Crowes nicht in der Verfassung, Widerstand zu leisten. Alle drei lagen besinnungslos im Salon, nachdem sie den Rumvorrat gefunden und bis auf den letzten Tropfen getrunken hatten. Was Milo über den Zustand des Salons sagte, kann hier nicht wiedergegeben und nur damit entschuldigt werden, dass er einen schweren Tag gehabt hatte. Fry und die Crowes wurden – mit einem Eimer Wasser für jeden – in den Laderaum gesperrt und erst bei der Ankunft in Port wieder herausgelassen. Sie schmoren jetzt im Porter Gefängnis und warten auf ihre Gerichtsverhandlung.

Als Jakey Fry davon erfuhr, atmete er erleichtert auf – nun war er wirklich frei.

Merrin Meredith (alias Daniel Jäger)

Merrin verbrachte zwei lange Nächte eingesperrt hinter der Wandverkleidung.

Nachdem er begriffen hatte, dass er eingeschlossen war, aß er seinen gesamten Vorrat an Süßigkeiten. Danach wurde ihm schlecht, und er begann zu stöhnen. Sarah Heap hörte ihn, nahm aber an, es seien die Geister der kleinen Prinzessinnen, von denen ihr Jenna erzählt hatte. Nach einer Weile schlief Merrin ein. Gegen Mitternacht wachte er auf und begann wieder zu schreien. Sarah schickte Silas hinunter, um nachzusehen, aber auf halber Treppe besann sich Silas eines Besseren, kehrte ins Bett zurück und sagte zu Sarah, es seien nur »Katzen« gewesen. Verzweifelt schlief Merrin ein. Er schlief die ganze Nacht und einen Großteil des nächsten Tages durch. In der folgenden Nacht schrie er wieder, und Sarah Heap hatte schreckliche Albträume von Katzen.

Am späten Abend des darauffolgenden Tages strich Merrin mit den Fingern über die Wandverkleidung, um die Astlöcher im Holz zu zählen, und dabei stieß er zufällig an den Riegel, mit dem sich die Tür öffnen ließ. Ohne sich darum zu scheren, ob ihn jemand sah oder hörte, flitzte er hinauf in sein Zimmer unterm Dach, verdrückte seinen Notvorrat an Lakritze und Bananenbären und schlief abermals ein.

Am anderen Morgen spielte er mit dem Gedanken, dem Manuskriptorium den Rücken zu kehren, besann sich dann aber anders. Die Schreiberuniform gefiel ihm – er kam sich darin wichtig vor –, und außerdem brauchte er das Gehalt, um sich Lakritze kaufen zu können.

Dass er Tante Zelda über den Weg lief, war wirklich unglaubliches Pech, aber er fand, dass er sich ganz gut aus der Affäre gezogen hatte. Danach eilte er selbstbewusst und in der Erwartung, mit offenen Armen wieder aufgenommen zu werden, ins Manuskriptorium, musste aber feststellen, dass Jillie Djinn sich nicht mehr so leicht an der Nase herumführen ließ wie bisher. Sie bestürmte ihn mit Fragen und verlangte die Herausgabe eines Schlüssels, den er, wie er zugeben musste, tatsächlich versteckt hatte – aber die ganze Sache war nicht seine Schuld, und er verstand nicht, warum so viel Aufhebens davon gemacht wurde. Er hatte es nur getan, weil ihm der Gewölbegeist erzählt hatte, dass Scherztag sei (ein alter Brauch im Manuskriptorium) und dass der neueste Schreiber an diesem Tag etwas verstecken und dann abwarten müsse, wie lange es dauere, bis es gefunden werde. Der Geist hatte ihm freundlicherweise die Geheimformel für den Schlüsselsafe verraten und sogar ein Versteck vorgeschlagen – ein altes Geheimfach unter einer losen Fußbodendiele hinter der Theke im Verkaufsraum. Jillie Djinn schien den Spaß überhaupt nicht zu verstehen, nicht einmal, als er ihr den Schlüssel zurückgab.

Merrin fühlte sich ungerecht behandelt, als Jillie Djinn ihm eröffnete, dass er Türdienst vor den Gewölben habe, bis der Gewölbegeist gefunden sei. Da unten war es kalt und gruselig, und niemand kam einen besuchen. Und ebenso wenig gefiel ihm, wie die Schreiber kicherten, wenn er ins Manuskriptorium hinaufkam. Die nächsten paar Wochen verbrachte Merrin damit, in der Kälte vor den Gewölben zu schlottern, an dem doppelgesichtigen Ring zu drehen, den er am Daumen trug, und auf Rache zu sinnen. Er würde es Jillie Djinn zeigen, und er würde es auch diesen eingebildeten Schreibern zeigen.

Die Lichtsphäre

Miarrs Lichtsphäre war eines der alten Weltwunder.

Sie fühlt sich kalt an, wenn man sie berührt, und ihre Energiequelle ist unbekannt. Man vermutet, dass sie aus den Jenseitigen Tagen stammt, als der Legende zufolge eine Kette von Lichtsphären die Erde umspannte und Seefahrern den Weg wies. Miarr stammt von den Lichtwächtern ab, die wiederum die Nachfahren der geheimnisumwitterten Hüter der Meere waren. Wann die Katzen in den Familienstammbaum gelangten, ist nicht bekannt.

Die Lichter der Sireneninseln

Die vier Leuchttürme rings um die Sireneninseln wurden von den Hütern der Meere als Teil eines umfassenden Vorhabens errichtet, Seeleute vor den sogenannten »lästigen Geistern« zu schützen. In jedem Turm wurde eine Lichtsphäre untergebracht, und zwei Wärter wurden ernannt, die sie hüten sollten.

In alter Zeit wurden noch viele Inseln von Geistern bewohnt. Die große Mehrheit der Geister waren schalkhafte Wesen. Sie taten nichts weiter, als gelegentlich zu ihrem Vergnügen einen Sturm zu entfachen, aber manche, wie die Sirene, waren bösartig und vertrieben sich die Zeit damit, Schiffe ins Verderben zu locken oder Seeleute auf ihrer Insel in den Wahnsinn zu treiben. Die Sirene fiel insofern aus dem Rahmen, als sie die Macht besaß, mit ihrem Gesang zu betören und gleichzeitig ein besitzergreifender Geist zu sein. Aus diesem Grund wurden rund um die Inselgruppe vier Leuchttürme gebaut, um zu zeigen, wie weit der Gesang der Sirene reichte und welche Grenze nicht gefahrlos überschritten werden konnte.

Die Leuchttürme leisteten gute Dienste und waren der Sirene daher verhasst. Im Lauf der Jahre hatte sie erfolgreich darauf hingewirkt, dass die Lichtsphären mitsamt ihren Wärtern aus drei Türmen entfernt wurden. Die Sirene war ein betörender Geist und hatte sich vieler williger Helfer bedient – aber Tertius Fume war der einzige, der es geschafft hatte, die Sirene für seine Zwecke einzuspannen.

Die Armee in der Truhe

So mancher Kaufmann hatte sein Leben lang nach der Truhe mit der Dschinn-Armee gesucht, mit der sich, wie er wusste, ein astronomischer Preis erzielen ließe. Im Lauf der Jahrhunderte waren Unmengen verbeulter alter Truhen, die allen möglichen Plunder – darunter auch leere Bleiröhren – enthielten, zu weit überhöhten Preisen an leichtgläubige Kaufleute verkauft worden. Inzwischen glaubte kaum noch einer daran, dass die Truhe wirklich existierte, und die wenigen, die weiter nach ihr suchten, galten bestenfalls als Narren und schlimmstenfalls als Geisteskranke. Die Sache wurde als so aussichtslos eingeschätzt, dass, wenn jemand zu einer unvernünftigen Reise aufbrach, häufig gesagt wurde, er oder sie begebe sich »auf die Suche nach der Dschinn-Armee«.

Milo gehörte natürlich zu denen, die von ihrer Existenz überzeugt waren. Nach seiner Vermählung mit Königin Cerys setzte er sich in den Kopf, die ungeschützte Burg mit einer Armee auszustatten. Doch ein stehendes Heer ist teuer im Unterhalt, und Milo wollte nicht mehr bezahlen als unbedingt nötig. Und Königin Cerys, wie gesagt werden muss, auch nicht. Die Armee in der Truhe entsprach den Anforderungen daher perfekt – keine Instandhaltung, keine Unterbringungsprobleme, keine hohen Verpflegungskosten und kein Ärger auf den Straßen mit gelangweilten Garnisonssoldaten. Und so brach Milo schon bald nach der Hochzeit zu seiner ersten Reise auf, um nach der Truhe zu suchen, einer Reise, die er nebenbei zu einträglichen Geschäften nutzte.

Milo sollte nicht erfahren, dass Tertius Fume einige Jahre zuvor die Truhe aufgespürt hatte und nach Mitteln und Wegen suchte, sie für seine Zwecke in die Burg zu schaffen. Der Geist war die Schlampigkeit leid, mit der die Burg ihre Geschäfte führte, und besonders empörte ihn, dass jetzt eine Frau das höchste Zaubereramt bekleidete. Tertius Fume war fest davon überzeugt, dass er alles besser machen könnte, aber er brauchte Unterstützung. Für ihn war die Dschinn-Armee eine perfekte Lösung.

Bei Gesprächen mit anderen Geistern war Tertius Fume zu Ohren gekommen, dass Milo nach der Truhe fahndete, und er beschloss, sich diesen Umstand zunutze zu machen. Es dauerte nicht lange, bis Milo seinen Köder schluckte. Er bezahlte für die Truhe nicht nur mehr Geld, als Tertius Fume jemals für möglich gehalten hätte, er stellte auch ein Beförderungsmittel zur Verfügung. Danach bedurfte es nur noch einer kleinen Abmachung mit der Sirene, und Tertius Fume konnte seinen Plan in die Tat umsetzen. Ein Handel wurde geschlossen: Die Sirene sollte ihm Zugang zu den Eistunneln gewähren, und er sollte im Gegenzug die letzte verbliebene Lichtsphäre beseitigen – was er ohnehin vorgehabt hatte. Es war, wie sich Tertius Fume gegenüber dem verständnislosen Kapitän Fry brüstete, eine Situation, bei der beide Seiten gewannen. Dachte er jedenfalls.

Syrah Syara

Als unfreiwillige Zeugin des Handels zwischen Tertius Fume und der Sirene hatte sich Syrah selbst den Weg in die Freiheit geebnet – aber es war ein langer und steiniger Weg. In tiefer Bewusstlosigkeit trat sie die Reise auf der Cerys nach Port an. Ein paar Tage später wurde sie in das Krankenrevier des Zaubererturms eingeliefert und im Ruheraum untergebracht, den zuvor Ephaniah Grebe und Hildegard Pigeon belegt hatten (diese waren inzwischen so weit genesen, dass sie in normale Krankenzimmer verlegt werden konnten). Septimus besuchte Syrah jeden Tag und erzählte ihr, was er den Tag über getan hatte, aber Syrah schlief ... und schlief ... und schlief.

Miarr und Mirano Catt

Miarr und Mirano waren die letzten Vertreter der Familie Catt, die einst die Wärter für die vier Leuchttürme der Sireneninseln gestellt hatten. Verschiedene Gründe wie Vereinsamung, Mangel an Nachwuchs und Intrigen der Sirene hatten die Familie an den Rand des Aussterbens gebracht. Mirano war tatsächlich von den Crowes ermordet worden – Thin Crowe hatte ihn aus dem Schlafkammerfenster gestoßen. Mirano war auf die Felsen geprallt, ins Meer gestürzt und nicht mehr aufgetaucht. Miarr hatte ihn mit der Roten Röhre gesucht, aber nicht gefunden. Die starken Strömungen, die um den Sockel des Leuchtturms herumwirbelten, hatten Miranos Leichnam in den wenige Kilometer entfernten Tiefseegraben getragen.

Jim Knee

Jim Knee hatte in seinen und ihren Leben viele Namen. »Jim Knee« war nicht der schlimmste, aber auch beileibe nicht der beste.

Wie oft hatte sich die vierte Frau des Schildkrötenhändlers gefragt, ob sie die richtige Entscheidung getroffen hatte, als sie beschloss, ein Dschinn zu werden, aber wenn sie an den Schildkrötenhändler zurückdachte, kam sie zu dem Ergebnis, dass ja. Alles in allem hatte sie ein paar gute Leben gehabt. Das Ausmisten der Ställe von König Augias war wahrscheinlich ihre schlimmste Erfahrung gewesen, ihre schönste die Zeit als Zofe einer schönen Prinzessin in einem Palast in den Östlichen Schneeebenen – bis die Prinzessin auf rätselhafte Weise verschwand. Jim Knee vermisste sie noch heute und fragte sich, was wohl aus ihr geworden war.

Was der Dschinn hasste, war seine Traumzeit in der beengten goldenen Flasche – unbeschreibliche Langeweile verbunden mit dem unerträglichen Drang, sich auszudehnen. Aber sobald ein Dschinn wieder draußen in der Welt war, war die Traumzeit vergessen und ein neues Leben begann. Jim Knee wusste, dass es noch zu früh war, um über sein neues Leben ein Urteil abzugeben, aber soviel stand fest: Langweilig war es nicht.

Dorfhäuptling: das Spiel

Das Spiel kann von zwei, drei, vier, oder sechs Spielern gespielt werden. Spielt man auf Sand, ist auch jede beliebige höhere Spielerzahl möglich, nur muss es eine gerade Zahl sein. Das Dorf bekommt dann entsprechend mehr Hütten.

Gespielt wird in mehreren Durchgängen. Ihr könnt die Anzahl der Durchgänge vorher festlegen. In dem Fall ist Sieger, wer nach dem letzten Durchgang die meisten Hütten hat. Ihr könnt aber auch so lange spielen, bis ein Spieler alle Hütten gewonnen hat.

Für ein Spiel mit maximal sechs Mitspielern benötigt ihr: achtundvierzig kleine Kieselsteine, Bohnen oder Muscheln ähnlicher Größe und nassen Sand. Ihr könnt entweder auf Sand spielen, der bei Ebbe freigelegt wird, oder trockenen Sand mit einem Wasserzwerg befeuchten, wie es Beetle getan hat.

Drückt mit der Faust zwei parallele Reihen von jeweils sechs Kuhlen in den Sand – das sind die Hütten. Alle Hütten zusammen bilden das Dorf. Legt in jede Hütte eine Familie aus vier Kieselsteinen, Bohnen oder Muscheln. Jeder Spieler erhält die gleiche Anzahl von Hütten.

Das Ziel des Spieles ist es, Kieselsteine zu erbeuten. Für jede Familie aus vier Kieselsteinen bekommt ihr im nächsten Durchgang eine Hütte.

Gespielt wird gegen den Uhrzeigersinn.

Der erste Spieler nimmt alle Kieselsteine aus einer seiner Hütten und wirft einen nach dem anderen in die nächstfolgenden Hütten, wieder gegen den Uhrzeigersinn. Landet der letzte Stein in einer Hütte, in der sich bereits Steine befinden, bleibt der Spieler am Zug: Er nimmt alle Steine aus dieser letzten Hütte und verteilt wieder einen nach dem anderen im Dorf. Zu Beginn des Spiels, wenn noch viele Steine im Dorf sind, kann sich dieser Vorgang mehrere Male wiederholen.

Landen während des Spiels vier Steine in einer Hütte, werden sie vom Besitzer der Hütte herausgenommen und einbehalten. Die einzige Ausnahme: Macht der Spieler, der gerade an der Reihe ist, bei seinem letzten Zug eine Viererhütte voll, gehören die Steine ihm.

Ein Spieler nach dem anderen kommt an die Reihe. Jeder Spieler muss mit seinem Zug bei seiner eigenen Hütte beginnen. Hat er keine Steine in seiner Hütte, muss er aussetzen und warten, bis er wieder an die Reihe kommt.

Wenn nur noch acht Steine im Dorf liegen, wird das Spiel viel langsamer. Wer die nächste Viererhütte gewinnt, erhält alle acht Steine – bei der letzten Hütte verdoppelt sich also der Gewinn. Danach verteilt jeder Spieler seine Steine auf Viererhütten im Dorf, um festzustellen, wie viele Hütten er gewonnen hat. Wer keine Steine mehr hat, scheidet aus. Der nächste Durchgang beginnt mit den neuen Hütten. Je mehr Hütten ein Spieler hat, desto leichter ist es, weitere hinzuzugewinnen. Ja, das Leben ist unerbittlich.

Stanley

Stanley war außer sich vor Freude, als er von der Prinzessin eine persönliche Botschaft erhielt, auch wenn der Boote einen sehr merkwürdigen gelben Hut trug, von dem er hoffte, dass er nicht Teil der neuen Palastuniform war. Die Botschaft lautete:

SEEPOST

AN: Stanley, Leiter des Botenrattendienstes, Wachturm am Osttor, Burg.
VON: Prinzessin Jenna Heap, an Bord der Barkentine Cerys

INHALT DER NACHRICHT:

Hiermit teile ich Ihnen mit, dass am Kaufmannskai eine Sendung Ratten von Bord der Cerys gehen wird. Sie gehören alle Ihnen, Stanley!

Stanley lief stundenlang benommen vor Freude im Kreis herum und drückte die Nachricht an seine Brust – er war noch immer ein Freund des Königshauses. Einen kurzen Moment lang wünschte er sich, er könnte Dawnie, seiner Ex-Frau, davon erzählen, aber dann nahm er sich zusammen. Die Sache ging Dawnie überhaupt nichts an – es war jetzt ganz allein seine Sache und nur seine. Obwohl – so ganz stimmte das nicht mehr: Er hatte jetzt nämlich vier verwaiste Rattenbabys zu versorgen.

Stanley ging zu dem kleinen Korb in der Ecke, in dem vier braune pelzige Geschöpfe mit kleinen rosa Schwänzen schliefen. Er hatte sie erst letzte Nacht gefunden, aber ihm war, als kenne er sie schon sein Leben lang. Sydney war die ruhige. Lydia die kleine mit der Schniefnase. Faith die große freche. Und Edward die wilde und etwas tollpatschige. Er liebte jede einzelne hundert Mal mehr, als er Dawnie jemals geliebt hatte.

Er ließ sie jetzt nur sehr ungern allein, aber es musste sein, und so stellte er eine große Schüssel Milch und einen Rest Haferbrei neben den Korb. »Seid brav«, sagte er zu ihnen. »Ich bin bald zurück.« Dann schlich er auf Zehenspitzen zur Tür, hüpfte durch die Rattenklappe und machte sich beschwingten Schrittes auf den Weg nach Port.

Septimus Heap 05 - Syren
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